Besuch Xi Jinpings in Belgrad: Signal an die Rechten Europas

Xi braucht antidemokratische Strömungen in Europa gar nicht öffentlich zu unterstützen. Es reicht, dass er da ist.

die chinesische Flagge wird von chinesischen Unterstützern in Budapest geschwungen

Bilder reichen, um Xi Jinpings Erfolg in Europa zu manifestieren Foto: REUTERS/Bernadett Szabo

Wenn der chinesische Staatschef Xi reist, ist nichts dem Zufall überlassen. Auch das Datum ist gut gewählt, der 8. Mai ist für den Westen und damit Frankreich das Symbol für den Sieg über den Faschismus. Auch für den Sieg der Freiheit. Der Sieg „über den Faschismus“ und damit über Deutschland bedeutet für die (orthodoxe) östliche Welt nicht ganz das Gleiche. Denn unter Xi (Maoismus) und Putin (Stalinismus) ist der Begriff der Freiheit sorgsam eingehegt.

Dass der „Diktator“ Xi zu diesem Datum auch Serbien und Ungarn besucht, ist ein Signal. Der deutsche Nadelstich (Baerbock) belustigt Xi und die Nachwuchsdiktatoren Victor Orbán oder Aleksandar Vučić wahrscheinlich nur. Sie sind stolz, von Xi wahrgenommen zu werden.

Mit dem Besuch Xis kann jedem vor Augen geführt werden, wie sich die Gewichte und die Wertmaßstäbe in der Welt verschoben haben: wie ernst die Lage für Europa und vor allem für Deutschland geworden ist. Russland und China sind gemeinsam attraktiv geworden. Der Begriff Faschismus diente in Russland und China wahrscheinlich noch nie als Synonym einer mörderischen Diktatur, sondern symbolisiert jetzt den neuen Feind, die liberale Demokratie. Wer sich ihrem eigenen totalitären Denken entgegenstellt, wird sogleich zu einem Faschisten hochstilisiert.

Die nach Demokratie strebenden Ukrainer müssen das genauso einsehen wie vor 30 Jahren Bosniaken und Kosovoalbaner, die sich gegen Serbien stellten. Auch alle zivilgesellschaftlichen Organisationen in Ungarn, die von der Soros-Stiftung unterstützt worden sind, wurden plötzlich zu Feinden. Demokratische Politiker wie Zoran Ðinđić in Serbien wurden – wie in Russland unter Putin – einfach aus dem Weg geräumt.

Orbán und Vučić haben Erfolg, weil die liberalen Demokratien Kompromisse mit ihnen schließen wollen, anstatt sie unerbittlich zu bekämpfen. Die liberalen Demokratien haben keine Antwort, auch sie lavieren zwischen den stärksten Nationen der Welt. Xi jedenfalls braucht die Politik der Rechten in Europa nicht offen zu unterstützen. Es reicht, dass er da ist.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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